Pflanzliche Hemmwirkungen
Dass Pflanzen nicht nur harmlos sind und sich ebenso wie Tiere gegen Fressfeinde zur Wehr setzen ist bekannt. Der Arzt und Alchemist Theophrastus Bombastus von Hohenheim, 1493 in der Schweiz geboren und netterweise nur Paracelsus genannt, betonte:
"Alle Ding' sind Gift und nichts ist ohn' Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist."
Natürlich enthalten auch Pflanzen Toxine. Ein wilder blauer Eisenhut (Aconitum napellus) oder der gefleckte Schierling (Conium maculatum) können schon durch Berührung toxisch wirken und sind bei geringsten Mengen tödlich. Sie werden daher nur in der Homöopathie verwendet.
Löwenzahn dagegen ist völlig ungiftig und kann ähnlich wie die Brennnessel als Salat oder Spinatgemüse verwendet werden.
Alle Wildkräuter und Wildfrüchte haben eine hohe Nährstoffdichte.
https://reset.org/knowledge/nachhaltige-ernaehrung-kraeuter-buesche-und-baeume
Lektine
Die meisten Pflanzen bilden, wie auch Tiere und Menschen, Lektine.
Es sind informationsreiche komplexe Proteine oder Glycoproteine, die der Kommunikation und Interaktion von Zellen und Organismen dienen. Sie haben keine enzymatische Aktivität.
Ob pflanzliche Lektine auch im menschlichen Organismus Schutzfunktionen übernehmen zB gegen Parasiten und Mikroben ist noch nicht ausreichend geklärt. Natürliche Lektine sind meist vollkommen unbedenklich für den Körper.
Die Überzüchtung des Weizen und die gentechnische Veränderung in den 80 er Jahren haben die Lektine in Weizen nicht nur in der Konzentration stark erhöht sondern sehr aggressiv gemacht.
Weizen ist ein Süßgras.
Das Einkorn (Triticum monococcum) ist die ursprünglichste Form des kultivierten Weizens, man findet auch heute noch Wildformen. Das Emmerkorn (Triticum dicoccum) gehört wie Kamut (Triticum turgidum) ebenso zu den ursprünglichen Weizenarten.
Der heutige Weichweizen (Triticum aestivum L.) der weltweit angebaut wird hat so gut wie gar nichts mehr mit dem Weizen vor 3.000 Jahren und auch kaum mehr etwas mit dem Weizen vor 100 Jahren zu tun. Die Industrie hat es in den letzten 50 Jahren, durch Kreuzungen und Eingriffe in die Genetik, geschafft den Weizen wesentlich ertragreicher und resistenter zu machen.
Ein bekanntes Gemüse-Lektin ist das Phasin. Es gehört zu den toxischen Lektinen.
Laut FDA (Food and Drug Administration) kommt es in grünen Bohnen (Phaseolus vulgaris) und stark angereichert in der roten Kidneybohne vor.
Die Ackerbohne (Vicia faba), auch Saubohne genannt, enthält nur sehr wenig Phasin bzw Favin. Phasin wirkt beim Verzehr einiger roher Bohnen leicht toxisch (Übelkeit, Erbrechen) für Menschen und Tiere. Phasin wird beim Kochen und Keimen fast vollständig zerstört.
Das Ricinus Communis Agglutinin (RCA) des Wunderbaumes enthält ein für alle Tiere und den Menschen hochgiftiges Lektin, das Ricin. Im Rizinusöl wird das Gift entfernt.
Rohe süsse Garten-Erbsen (Pisum sativum) sind wie Zuckerschoten (Kefe), völlig ungiftig.
Die für manche Menschen schwere Verdaulichkeit von Hülsenfrüchten hat andere Ursachen. Das Enzym Alpha-Galactosidase baut Zucker wie Raffinose, Stachyose und Verbascose ab und hilft bei der Verdauung von Getreide, Hülsenfrüchten und Kohlsorten.
Die Enzymaktivität kann aufgrund unterschiedlichster Ursachen stark schwanken, dann gelangen diese Oligosaccharide unverdaut in den Dickdarm, in dem sie bakteriell zersetzt, also vergoren werden. Dabei entstehen Kohlendioxid und Wasserstoff – Bauchschmerzen und Blähungen können die Folge sein. Der Verzehr von Kümmel ist hilfreich.
Weiterlesen bei Urgeschmack: Sind Hülsenfrüchte gesund? - http://www.urgeschmack.de/sind-huelsenfruechte-gesund/
Aggressive Lektine wie das WGA (Wheat Germ Agglutinin) im Weizen sind hitzestabil und können in großen Mengen genossen, die Darmschleimhaut und Darmzellen mit ihren Lymphozyten schädigen, Entzündungsreaktionen auslösen und das Immunsystem schwächen und überlasten.
Die im üblichen Handel vertriebenen gentechnisch veränderten Sojabohnen mit ihrem Lektin SBA
(Soy Bean Agglutinin) sollte man ebenso meiden. Starke Entzündungsreaktionen der Organe bei Tieren in der Mast werden schon seit Jahren beobachtet.
In der Medizin verwendet man Agglutinine (von lateinisch: agglutinare „anheften“) als Oberbegriff für Proteine, die mit Zellen oder auch korpuskulären Elementen verklumpen (Agglutination) und daher Aggregate bilden.
Eine Hämagglutination (Verklumpung von roten Blutkörperchen) wurde bisher nur im Labor mit hochdosiertem Phasin festgestellt.
Zu Bedenken ist, dass bei diesen Versuchsreihen in Tierversuchen mit extrem hohen Konzentrationen von isolierten Lektinen gearbeitet wurde. Der Gehalt lag mindestens hundertmal so hoch wie sie in der menschlichen Ernährung vorkommt.
Viele Betriebe bauen neben dem Spelzweizen (Dinkel) wieder vermehrt Züchtungen des Weichweizen an, die an die robusteren Formen der Einkorn- und Emmer-Reihe anknüpfen.
Wir essen meist viel zu viele sogenannte vitalstoffarme "leere" Kohlenhydrate. Ein sättigendes naturgesäuertes Vollkornbrot, ein Bircher-Müsli, Frischkornbrei nach Bruker oder auch ein warmer Dinkelbrei sind sinnvoll und lecker.
Warmer Dinkelbrei nach Hildegard von Bingen:
Zuerst einen Apfel raspeln oder in kleine Stücke schneiden. 150 ml Wasser zum kochen bringen.
50 g Dinkelschrot oder Dinkelflocken einschütten und gleich umrühren. Topf von der Platte ziehen und den Apfel eingeben. Kurz dünsten lassen.
Je nach Geschmack wird der Habermus mit Zimt und Honig und etwas gehackten Mandeln verfeinert. Gerne kann man zum Abschmecken "Hildegardgewürze" wie Galgant und Bertram hinzufügen.
Gluten
Gluten ist eine Eiweißverbindung im Getreide und befindet sich im sogenannten Endosperm, dem Nährgewebe welches den Keimling umgibt. Folglich existiert es in Weißmehl- und Vollkornprodukten.
Gluten das "Klebereiweiss" besteht in erster Linie aus Glutelinen und Prolaminen. Nach meinen Recherchen sind Prolamine auch Lektine, die vorwiegend die Aminosäure L-Prolin enthalten und als Schutzfunktion für den Keimling mit Speicherproteinen (Glutelinen) agglutinieren.
Im Weizen nennt man das Glutelin Glutenin und das Prolamin Gliadin. Jede Getreideart enthält ein anderes Prolamin. Im Roggen ist es das Secalin.
In Testverfahren, die nicht nur die Immunreaktion auf Gluten bestimmen sondern die Reaktion auf unterschiedliche Prolamine, reagiert der Körper fast ausschliesslich auf das im überzüchteten und gentechnisch veränderten Weizen enthaltene Gliadin mit einer mehr oder weniger starken Antikörperreaktion. Das Prolamin Avenin im Hafer wird vom Körper nicht als Allergen gedeutet und meistens sogar von Zöliakiebetroffenen vertragen.
http://ruhtenberg.info/die-weizen-gluten-unvertraeglichkeit/
Die heftige Immunreaktion auf giftige oder aggressive Stoffe ist absolut angemessen um den Abbau und die Ausscheidung anzuregen.
Ist der Darm schon ruiniert (Leaky-Gut eine Barrierestörung der Darmwände) reagiert das Immunsystem nicht nur auf Gliadin panisch sondern auf alle Getreidesorten die Gluten enthalten und agiert bei manchen Menschen völlig irritiert auch auf ähnliche körpereigene Strukturen (Autoimmunreaktion).
Wissenschaftliche Forschungen beziehen sich in erster Linie darauf, dass sich Gliadin-Moleküle, wie alle Lektine, an Kohlehydrate binden u.a auch an das Monosaccharid N-Acetyl Glucosamin, das ebenfalls in einem körpereigenen wichtigen Enzym das tTG (tissue TransGlutaminase) enthalten ist, und eine Autoimmunreaktion auslösen könnte.
Deshalb ist es besser ganz auf den gentechnisch veränderten Weizen zu verzichten und andere Ur-Weizensorten wie Dinkel, Emmerkorn, Kamut, Getreidesorten wie Roggen, Gerste, Hafer oder völlig glutenfreie Getreide wie Amaranth und Quinoa (Fuchsschwanzgewächse), Buchweizen (Knöterichgewächse), Hirse, Mais, Reis oder Nussmehle zu verwenden.
Die harmonisch aufeinander abgestimmten Abläufe in unserem Darm können aus vielerlei Gründen aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Gluten bzw Gliadin ist selten der alleinige Verursacher.
Psychischer, körperlicher und oxidativer Stress, pathogene Erreger, eine Fehlbesiedlung von Bakterien durch unausgewogene Ernährung, Medikamente, Alkohol, Schwermetalle, Pestizide, Elektrosmog, der Mangel an Mikronährstoffen etc sind an der Barrierestörung und Schädigung der Darmwände beteiligt.
In schweren Fällen hilft die alleinige Vermeidung von Weizenprodukten oder anderen Gluten haltigen Getreiden nicht mehr, sondern es ist angebracht einen Naturheilarzt oder Heilpraktiker aufzusuchen um den gesamten Stoffwechsel und das Immunsystem und meist auch die Psyche zu stabilisieren, die oftmals entsprechend mit persönlichen Abgrenzungsproblemen zu kämpfen hat.
Solanin
Das hitzebeständige giftige Alkaloid Solanin befindet sich vor allem in Nachtschattengewächsen (Solanaceae) wie Tomaten und Auberginen, die nicht ausgereift sind. Betroffen sind auch Kartoffeln mit grünen Stellen und Keimen, die nach zu heller und zu warmer Lagerung entstehen. Übelkeit bis zum Erbrechen und Krämpfe können Folgen einer Überdosis Solanin sein.
Tomaten: Schon 25 Milligramm Solanin machen sich unangenehm bemerkbar – diese Menge kann in einer unreifen Tomate enthalten sein. Bei halbreifen Früchten sinkt der Gehalt auf weniger als harmlose 2 Milligramm.
Kartoffeln: In und unter grünen Stellen auf der Schale sowie rund um die Keime kann sich bis zu 35 Milligramm Solanin pro 100 Gramm konzentrieren. Es durchdringt die Kartoffeln jedoch nicht und kann leicht entfernt werden.
Reife Tomaten der grünen, gelben, rosa, violetten, braunen oder marmorierten Sorten enthalten kein Solanin
Oxalsäure
Oxalsäure kommt in Pflanzen vorwiegend gebunden als schwerlösliches Kalziumsalz vor. Außer den Sauerkleegewächsen enthalten in erster Linie einige Gänsefußgewächse (Zucker- und Futterrüben, Rote Rüben, Spinat, Mangold) und die Knöterichgewächse (Sauerampfer, Rhabarber ) Oxalate.
Das heißt, ähnlich wie bei der Phytinsäure ist auch bei der Oxalsäure die Bindungskapazität für Kalzium schon fast vollständig ausgenutzt und im schlechtesten Fall kann das z.B im Spinat gebundene Kalzium nicht verwertet werden. Ein Kalziumraub aus den Knochen, um eine Resorption ins Blut zu verhindern, tritt jedoch nur bei mangelernährten Menschen auf.
Das vorhandene Spurenelement Eisen wird gut verwertet. Da Brennnesseln etwa über dieselbe Menge an Eisen verfügen und keine Oxalate enthalten können diese den Spinat gut ersetzen oder ergänzen.
Lösliches Oxalat findet sich zB im Kochwasser von Spinat und Rote Beete und muss nicht mit verwendet werden.
Beim Menschen entsteht Oxalsäure fast ausschließlich endogen aus dem Abbau von Ascorbin-und Glycolsäure im Stoffwechsel. Es wird mit Kalziumionen zu Kalziumoxalaten (Salzen) gebunden oder durch Darmbakterien abgebaut.
In Diätkontrollen wurde interessanterweise herausgefunden, dass eine exogene Oxalatzufuhr bei gesunden Personen die Ausscheidung von Oxalsäure durch die Nieren sogar fördert und zu einer Ausschwemmung von Calciumoxalatkristallen im Urin führt.
Da die Ausscheidung von Oxalatkristallen täglich nur in geringen Mengen möglich ist kann bei geschwächten oder nierenkranken Personen ein zusätzlicher Verzehr von oxalathaltigen Pflanzen zu Oxalsäure-Ablagerungen führen, die in den Gelenken Auslöser für Rheuma, Gicht oder Arthritis sein können und in der Niere zu Steinbildung führen können.
Quelle:"Biochemie der Ernährung" K Lang 2013
Phytat, Phytinsäure
Phytinsäure ist ein Stoff, der Phosphor und andere Mineralien (durch Chelat-Bildung) bindet. Das entstandene Phytat dient als Speicher den Pflanzen dazu nutzen Mineralienvorräte (Kalzium, Magnesium und Kalium aber auch andere Mineralstoffe wie Eisen, Zink, Mangan, Kupfer) in der Schale für den Keimling aufzubewahren. Man findet sie in Getreiden, Hülsenfrüchten und Nüssen.
In der festen chemischen Bindung als Phytat sind diese Mineralstoffe nicht verfügbar, weder für den Keimling noch für das Tier, das den Samen frisst.
Bei Wärme und Feuchtigkeit werden die Phytate langsam abgebaut und die gespeicherten Mineralstoffe für den Keimling nutzbar.
Phytate sind schwerlösliche Verbindungen, die das Enzym Phytase benötigen um unwirksam gemacht zu werden.
Durch Phytase wird die Phytinsäure im Phytatkomplex hydrolytisch abgebaut und die darin gebundenen Mineralstoffe werden frei und können sich an lockere leicht lösbare Proteinkomplexe binden und aufgenommen werden.
Das Enzym wird gebildet durch ausgiebiges Kauen, Einweichen und Keimen oder durch Sauerteigführung bei Broten.
Da sich der größere Anteil der Mikronährstoffe im Keimling befindet ist selbst bei gebundenem Phytatkomplex in Vollkornbroten der Mikronährstoffanteil hoch im Gegensatz zu raffinierten Weißmehlprodukten.
In hellen Steinmühlenbroten befindet sich durch schonende Ausmahlung der Getreidekeimling noch im Mehl.
Quelle: "Vegetarische Ernährung. Gesund und bewußt essen." Buch von Andreas Hahn und Dr. Claus Leitzmann
Dieser Artikel wurde von mir im Jahr 2015 verfasst. Die Angaben und Werte sind soweit ich es geprüft habe noch stimmig.
März 2023