Die Eisenmangelhysterie über den aufkommenden Vegetarismus der 70er Jahre hat sich zum Glück fast vollständig aufgelöst. Pflanzliches, sogenanntes 3-wertiges Eisen wird ebenso aufgenommen und verwertet wie tierisches nur langsamer. Für bestimmte Stoffwechseltypen manchmal etwas zu langsam.
Ein 70 kg schwerer Mensch besitzt durchschnittlich 4000 mg des Spurenelementes Eisen.
Davon sind etwa 2500 mg im Hämoglobin gebunden, somit sind die Erythrozyten Haupteisenspeicher des menschlichen Körpers.
Ungefähr 300 mg finden sich in anderen Proteinen, darunter vor allem im Myoglobin des Muskels. 1000 mg sind in Eisenspeicherproteinen wie Ferritin gespeichert.
Die Hämoglobinsynthese benötigt etwa 20 mg Eisen täglich. Pro Tag wird etwa 1 mg Eisen über den Darm aufgenommen, die restlichen 19 mg stammen aus reutilisiertem ( wieder nutzbar gemacht) Hämeisen, welches Makrophagen der Milz aus dem Abbau gealterter Erythrozyten herstellen.
Frauen im gebährfähigen Alter (Blutverlust), Kinder, ältere Menschen, Leistungssportler, aber auch Menschen mit chronischen Darmkrankheiten oder anderen chronischen Erkrankungen gehören zur Risikogruppe für Eisenmangel.
Vorab ist zu sagen, dass die anorganische Chemie nicht mit der Mikrobiologie verwechselt werden sollte und über die exakten biochemischen Abläufe im Blut und Zellplasma noch nichts eindeutig bekannt ist.
Die schwerere Löslichkeit von Fe 3+ Ionen in Wasser und die Bildung von möglichen Hydroxidniederschlägen sind bei der Eisenaufnahme im menschlichen Körper irrelevant, da auch das pflanzliche Eisen fast immer in lockeren Protein- oder oder Chelatkomplexen, die gut löslich sind, bis zur Resorption gebunden bleiben oder werden.
Eine Cytochrome-b ähnliche Ferrireduktase (Dcytb) sorgt dafür dass 3-wertiges Eisen in zweiwertiges reduziert wird. Ascorbinsäure, Cystein und anderen Aminosäuren sorgen dafür dass der Eisenkomplex gut löslich bleibt.
Aktuell gibt es 3 bekannte Wege der Eisenaufnahme:
1. DMT1 Weg:
Die Transportermoleküle lösen das zweiwertige Eisen im Enterozyt aus dem Komplex und bringen es entweder zum Ferritin Speicher oder es wird wieder durch Haephastin zu Fe3+ reoxidiert um mit dem Transferrin im Blut transportiert werden zu können. Freie Eisen 2+ Ionen werden in ihrer Konzentration im Körper immer sehr gering gehalten, da sie toxisch wirken.
Auch im Ferritin ist das Eisen in dreiwertiger Form gespeichert.
2. MIP Weg:
Dreiwertiges Eisen kann auch direkt durch die Epithelzellen aufgenommen werden, ein Proteinkomplex, bestehend aus Mobilferrin und einem β-3-Integrin, wurde identifiziert. Auch hier ist DMT1 als Bestandteil vorhanden und das Eisen wird entweder im Ferritin gespeichert oder im Transferrin transportiert.
3. ENDOZYTOSE
Eisen-Protoporphyrin oder auch Hämeisen genannt macht ca 40% des Eisens in tierischen Nahrungsmitteln aus und kommt vorwiegend in 2 wertiger Form im
Myoglobin der Muskeln und Hämoglobin im Blut vor. Das Carrier-Molekül bei der Endozytose wird HCP1 genannt. Durch die Häm-oxygenase wird das zweiwertige Eisen aus dem Komplex gelöst und ebenso
ans Ferritin und Transferrin abgegeben.
Das sogenannte Hämeisen aus Fleisch soll schneller im Dünndarm resorbiert werden als das Eisen in pflanzlicher Kost.
Wenn man die Gesamtzusammenhänge der pflanzlichen Eisenaufnahme betrachtet spielt die generelle ausreichende Möglichkeit der Aufnahme eine entscheidende Rolle und nicht die Schnelligkeit.
Ausschlaggebend ist immer der vorhandene physiologische Bedarf.
Bei der Untersuchung eines eventuellen Eisenmangels muss der Eisengehalt immer im Ferritin, Transferrin und der Hämoglobingehalt des Blutes untersucht werden. Ohne nachgewiesenen Mangel darf keine Eisengabe erfolgen, da der Körper über keine Regulationsmechanismen verfügt, um überschüssiges Eisen auszuscheiden und eine potentielle Eisenüberladung gefährlich ist.
Hämosiderin ist ein Kondensationsprodukt von Apoferritin und Zellbestandteilen, wie Lipiden und Nukleotiden, das vor allem in den Hepatozyten sowie Zellen von Knochenmark, Leber und Milz lokalisiert ist. Hier wird das überschüssige Eisen in nicht mehr verfügbarer Form gespeichert. Es erfüllt eine Schutzfunktion.
Eisenhaltige Lebensmittel:
Kürbiskerne, Brennnessel, Wildkräuter, Rote Bete, Spinat, Frischgemüse, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsiche, Datteln und Feigen, Bananen, Sonnenblumenkerne, Haselnüsse, Hirse, Vollkorngetreide.
In Früchten ist das Eisen am leichtesten verwertbar.
100g Kürbiskerne und Sesamsamen enthalten ca 10 mg Eisen wie 100 g Leber von Tieren.
Mais und Sonnenblumenkerne ca 7 mg; Feigen, Haselnüsse und grüne Bohnen, Spinat und Brennesseln ca 3,5 mg wie Rindfleisch und Ei.
Rote und schwarze Johannisbeeren und Brombeeren haben einen Eisengehalt von 1-1,5 mg.
Resorptionsstörungen:
Das Institut für Ernährungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Giessen bekundete schon Ende der 90er Jahre: «Eisenwerte von Vegetariern liegen durchschnittlich im unteren Normbereich.
Da die Standardwerte auf Messungen von Fleisch essenden Personen beruhen, wird derzeit analysiert, ob diese für alle Menschen verbindlich sind. Die Diskussion wird durch die Feststellung belebt, dass Eisenwerte im unteren Normbereich einen gewissen Schutz gegen Infektionskrankheiten und Herzinfarkt bieten.
Das ist wohlwollend formuliert, denn ein Überschuss an Eisen birgt tatsächlich die Gefahr eines Herzinfarktes.
"Neben der genetisch bedingten Hämochromatose kann es auch zu einer erworbenen Eisenüberladung kommen. Durch Injektionen, Bluttranfusionen und dem übermäßigen Verzehr von eisenhaltigen Lebensmitteln - vor allem Fleisch."
Die Folgen sind, laut Angaben der Landesärztekammer Baden-Württemberg, Gewebeschäden und Vergiftungserscheinungen in Leber, Bauchspeicheldrüse, Herz, Hirnanhangdrüse oder den Gelenken.
Physiologische Chemie: Lehrbuch der medizinischen Biochemie
von G. Löffler,P.E. Petrides,L. Weiss,H.A. Harper
Ein umfangreicher Test kann sehr hilfreich sein um unnötige Angst zu vermeiden und rechtzeitig gut auf sich und seinen Körper zu achten.
Dieser Artikel wurde von mir im Jahr 2015 verfasst, als mich das Thema der Wertigkeit von pflanzlichem Eisen brennend interessierte. Die Angaben und Werte sind soweit ich es geprüft habe noch stimmig.
März 2023