Was ist Vitamin B12 ?
Vitamin B12 (Cobalamin oder 5,6-Dimethylbenzimidazol ) ist eine Sammelbezeichnung für unterschiedlich substituierte,
wasserlösliche Corrinoide. Sie bestehen aus vier Pyrrolringen mit einem zentralen Kobalt-Atom.
Die freie Valenz am Kobalt-Atom - R - kann durch eine CN-Gruppe (Cyanocobalamin) HO-Gruppe (Hydroxycobalamin,Vitamin B12 b), NO2-Gruppe (Nitrocobalamin, Vitamin B12 c), OH²-Gruppe (Aquocobalamin,Vitamin B12a), CH3-Gruppe (Methylcobalamin) oder 5-Desoxyadenosin (Adenosylcobalamin) substituiert sein.
In menschlichen Körperzellen kommen nur Methyl- und Adenosylcobalamin vor, die als Coenzyme für Methylierungsprozesse fungieren.
Der Normgehalt von B12 in menschlichem Blut beträgt nur 0,0002 µg (Millionstel Gramm) pro Milliliter.
Erwin Welzl "Biochemie der Ernährung"
http://www.chemikalienlexikon.de/cheminfo/0545-lex.htm
Wie viel B12 benötigt der menschliche Organismus?
Da über 80% des B12 rückresorbiert und nicht ausgeschieden werden und sich Coenzyme kaum verbrauchen sondern leicht wieder
vervollständigt werden können, liegt der eigentliche Bedarf von B12 bei 0,1 µg pro Tag.
In vielen wissenschaftlichen Publikationen, u.a. in der von Prof. Dr. P.C. Dagnelie aus den Niederlanden 1991 im American Journal of Clinical Nutrition veröffentlichten, wird erwähnt, dass selbst bei einem starken Mangel von Vitamin B12 0,1 µg tägliche Zufuhr ausreichen um innerhalb von einem Monat wieder normale Werte zu haben.
Die Versuchsreihe beschäftigte sich in erster Linie damit die Unwirksamkeit von Pseudovitamin B12 in Algen zu beweisen. Das ist nur begrenzt gelungen. Das Interessante für mich an dieser Studie ist, dass bei nicht veganen Kindern (im Alter von 14-26 Monaten) mit einer klar diagnostizierten B12 Mangel-Anämie durch 0,1-0,2µg B12 in Fisch pro Tag innerhalb von einem Monat eine deutliche Verbesserung zu erkennen war.
(100 g Lachs enthalten ca 4µg, Hering ca 10µg.)
Dagnelie PC, van Staveren WA, van den Berg H. Vitamin B-12 from algae appears not to be bioavailable. Am J Clin Nutr. 1991;53:695-7.
Der empfohlene Bedarf von B12 bei der
DGE und WHO wurde erst auf 1µg und seit ein paar Jahren aus Sicherheitsgründen auf 3µg angehoben.
Resorption von B12
Die Resorption im Darm verläuft sowohl aktiv als auch passiv
Vitamin B12 ist in der Nahrung an Proteine gebunden und wird im Magen unter Einwirkung von Pepsin und Salzsäure aus der Proteinbindung freigesetzt. Die Resorption im Dünndarm verläuft sowohl aktiv als auch passiv über Diffusion.
Zunächst wird Cobalamin im Magen an von der Magenschleimhaut sezernierte Glykoproteine gebunden, im sauren Milieu des Magens an das Transportprotein Haptocorrin (TC1). Im Duodenum wird Cobalamin durch Pankreasenzyme aus der Verbindung mit dem Transportprotein freigesetzt."
1-2 µg können über die übliche passive Diffusion aufgenommen werden, je nach B12-Konzentration im Blut.
Im Dünndarm wird das Cobalamin an IF gebunden. Im distalen Abschnitt des Ileums wird dieser Komplex aktiv durch Bindung an die Cubilin-Rezeptoren der Mukosazellen aufgenommen. Abhängig von der Dichte der Rezeptoren werden täglich maximal 1,5 µg Cobalamin über diesen Weg aufgenommen.
Dies bedeutet, dass bei hoher Verfügbarkeit von Vitamin B12, zum Beispiel im Rahmen einer oralen Substitutionstherapie, mehr Cobalamin passiv als aktiv resorbiert wird.
Ins Blut und in die Körperzellen wird Vitamin B12 in Bindung an das Transportprotein Transcobalamin II übertragen. In den Lysosomen wird Transcobalamin II abgebaut. Das freigesetzte Cobalamin wird im Cytoplasma in Methylcobalamin, in den Mitochondrien in Adenosylcobalamin umgewandelt.
Dabei muss der obere Ligand des Cobalamins (also die Cyano-, Methyl- oder Hydroxygruppe etc.) abgespalten werden und durch die Mitochondrien aktive Adenosylgruppe ersetzt werden. In dieser Hinsicht hat das stabilere, hitzebeständige Cyanocobalamin keinen physiologischen Nachteil, denn es ist Zellen gleichgültig, welche Form von Cobalamin sie angeboten bekommen. Das abgespaltene Cyanid kann anschließend vom körpereigenen Enzym Rhodanase zu Thiocyanat umgewandelt und damit entgiftet werden.
Eigenschaften und Aufgaben der Transporterproteine TC1 und TC2:
Transcobalamin I (TC I) ist für den Transport von Vitamin B12 aus dem Blut zur Leber verantwortlich.
Transcobalamin II (TC II) für den Transport aus dem Blut zu den Zellen. (Funktionell und strukturell ähnlich doch in geringem Maße eingesetzt ist das TC III)
Die Speicher von Vitamin B12 (2–5 mg) sind im Vergleich zur notwendigen Tageszufuhr sehr hoch, wobei 50-90% in der Leber vorhanden sind, während in Niere, Herz und Gehirn je ca. 30 μg und in der Milz rund 20 μg gespeichert sind.
Die R-Proteine (TC I), bringen B12 in die Leber und sind Kurzzeitspeicher im Plasma für Vitamin B12 mit einer Halbwertszeit von ca. 10 Tagen. Im TC II kann die Halbwertszeit des B12 über 20 Jahre betragen.
Dies liegt in erster Linie daran dass die Retention des großen B12-Moleküls (Rückresorption bei ca 80%) sehr hoch ist und sich Coenzyme nicht vollständig verbrauchen sondern sehr leicht wieder aufgebaut werden können. Cobalamin in den Mitochondrien wirkt nur durch den Austausch der H-Atome.
Überschüssiges B12 das nicht abgespeichert werden kann, wird über die Galle ausgeschieden.
http://www.buetzer.info/fileadmin/pb/pdf-Dateien/Vitamin%20B12.pdf
B12 Mangel
Nach aktueller Lehrmeinung wird B12 hauptsächlich zur Bildung der roten Blutkörperchen benötigt und kann daher als deren Reifungsfaktor bezeichnet werden. Bei einem Mangel bleiben die Erythrozyten im embryonalen Stadium stehen und es erscheinen sogenannte Megaloblasten.
Da B12 in großen Mengen gespeichert wird kann es bis zu 20 Jahre dauern bis ein Mangel entsteht. Ein Mangel wird dann leicht bemerkt durch Müdigkeit, blasse Gesichtsfarbe und gleichzeitigen Irritationen in sensorischen Nervenbahnen (Ameisenlaufen, Taubheitsgefühl), Zungenbrennen (entzündete rote Zunge und Mundschleimhaut).
Langfristige Folgen bei nicht beachteten Mangelsymptomen sind Blutarmut (megaloblastäre oder Perniziöse Anämie) und neurologische und psychiatrische Erkrankungen.
Bei Perniziöser Anämie wird der von den Parietalzellen des Magens gebildete und für die Resorption zuständige Intrinsic-Factor (IF) aufgrund von Magenschleimhautveränderungen (chronische Gastritis Typ A) nicht gebildet. Der Hauptgrund für die Perniziöse Anämie sind allerdings Entzündungen und Organschäden durch Alkoholabhängigkeit.
Desweiteren schützt B12 das Myelin, das Bestandteil der Markscheide der Nervenfasern ist.
Schwere neurologische Störungen werden ursächlich durch Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Arsen, Antimon, Quecksilber, Aluminium oder Kohlenmonoxid ausgelöst und können durch einen allgemeinen Mangel an B-Vitaminen oder Vitamin E begünstigt werden.
Überdosierung von B12
Bei Überdosierungen des Vitamins B 12 (bei hohen Dosierungen über 500µg) wurde u.a. von folgenden Nebenwirkungen berichtet: starke Überempfindlichkeitsreaktionen, die sich als Nesselfieber, akneartiger Hautausschlag oder als Juckreiz über große Teile des Körpers bemerkbar machen können.
Manche Betroffene beklagen auch ein verstärktes Auftreten der schon vorhandenen Symptome.
Testnachweise für B12 Mangel:
Damit ein Mangel klar diagnostiziert werden kann sollten die ersten 3 Tests durchgeführt werden. Wenn möglich 2-3 mal in einem Jahr, denn der Verbrauch von B12 ist in unterschiedlichen Zeiten und Lebensphasen stärker oder schwächer und es muss kein genereller Mangel vorliegen.
Zu beachten ist, dass der MMA-Wert im Urin auch durch einen funktionsgestörten Harnstoffzyklus bei Nierenerkrankungen steigt und die Methylmalonsäure durch Darmbakterien in einer dysfunktionalen Darmflora gebildet wird!
https://www.albert-schweitzer-stiftung.de/B12-Testmethoden
Vorkommen von B12
Vitamin B12 wird von Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) produziert. Entweder im Verdauungstrakt von pflanzenfressenden Säugetieren zu denen auch der Mensch gehört oder von Boden- und Wasserbakterien wie z.B.: Knöllchenbakterium Mesorhizobium Loti, Actinomyceten oder Streptomyces olivaceus, Str. griseus und Str. aureofaciens, Bacillus megatherium oder Propionibakterien.
Jarvis B.D. et al. Rhizobium loti, a New Species of Legume Root Nodule Bacteria. International Journal of Systematic Bacteriology 32(3):378–80. doi:10.1099/00207713-32-3-378
M. J. Alberi et al wies darauf hin, dass Vitamin-B12-Mangel selten wegen eines geringfügigen B12-Angebots, sondern wegen einer gestörten Vitamin-B12-Resorption aufgrund fehlendem Intrinsic Factors entsteht.
Schon vor Jahren wurde in einer Studie nachgewiesen, dass bestimmte Bakterien im Dünndarm, Klebsiellen und Pseudomonasbakterien (kommen auch im Boden und im Gewässer vor ) ausreichende Mengen an Vitamin B12 produzieren können.
M. J. Alberi et al: Vitamin B12 synthesis by human small intestinal bacteria. Nature 1980;283:787-782.
Biesalski H.K. et al. (eds.), Vitamine (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1997) - Vitamin
Die Mikrobiota als Vitaminquelle
"Die Darmflora, genauer gesagt die Mikrobiota, die unseren Darm besiedelt, besteht aus mehr als 100 Billionen Bakterien und übersteigt damit die Zahl der Zellen im
menschlichen Körper um das Zehnfache."
"Das Mikrobiom, die genetische Information dieser Mikrobiota, enthält 100 mal mehr Gene als das menschliche Genom...... Die verschiedenen Bakterienstämme sind an der Fermentierung von Lebensmitteln (besonders Stärke und Ballaststoffe) ebenso beteiligt wie am Energiestoffwechsel und an der Vitaminsynthese. Es besteht eine mutualistische Beziehung (Symbiose) in dem die Bakterien ihren Wirt mit Energie und Kohlenstoff versorgen und selbst in einem anaeroben geschützten Raum, dem unteren Dünndarm und dem Dickdarm, mit einem reichlichen Angebot von Glycogenen versorgt werden.....Neben dieser Funktion kann die Mikrobiota eine ganze Reihe von Vitaminen synthetisieren.Vitamin K, B1, B2, B6, B12, Biotin, Folsäure, Niacin, Pantothensäure....."
"Es gibt gute Belege dafür, dass (auch) die Zellen des Dickdarms die Vitamine gezielt (mittels Carrier) aufnehmen und verwerten." Culligan 2014."
Laut Prof. Dr. H.K Biesalski sei jedoch wissenschaftlich unklar ob diese Vitamine nicht nur im Dickdarm für die Synthese von Verdauungsenzymen und zur Versorgung der Lymphozyten etc verwendet werden, sondern auch dem systemischen Kreislauf zugeführt werden könnten.
Da der funktionsfähige Dickdarm neben Mineralien und Fettsäuren, auch Arzneistoffe die im Dünndarm eventuell nicht verwertet werden konnten, wieder über Diffusion an den Blutkreislauf zur Leber abgibt, frage ich mich warum er das ausgerechnet mit den dort mikrobiell hergestellten Vitaminen einschließlich B12 nicht tun sollte wenn es benötigt wird.
Prof.Dr. Hans Konrad Biesalski :"Mikronährsstoffe als Motor der Evolution"
( Lehrstuhlinhaber und Geschäftsführender Direktor des Instituts für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft und stellvertretender Direktor des Food Security Center der Universität Hohenheim)
Eine gesunde Mikrobiota ( Darmflora)
"Alle Körperflächen, die einen Kontakt zur Außenwelt haben, sind von Bakterien besiedelt, also Haut, Mund sowie Magen und Darm, die Vagina und ein kleiner Teil der Harnröhre“, betont Axel Probst, Chirurg und ärztlicher Direktor des Klinikums Singen in seinen Vorträgen.
"Über 90% Prozent aller menschlichen Bakterien leben im Darm. Dort helfen sie bei der Verdauung, sorgen aber auch dafür, dass schädliche Keime sich gar nicht erst breitmachen können. Die meisten Bakterien sind uns wohlgesonnen. Kein Wunder also, dass viele Menschen sich ausgesprochen elend fühlen, wenn sie eine Antibiotika-Kur hinter sich haben. Denn Antibiotika töten eben fast alle Bakterien im menschlichen Körper – leider auch die Nützlichen."ergänzt Frithjof Blessing, Facharzt für Mikrobiologie.
Proteolytische Bakterien bewirken eine Restverdauung von Eiweiß. Dazu gehören z. B. Bacteroides, Proteus, E. coli, Clostridium.
Die Restverdauung von Kohlehydraten übernehmen sacchacholytische (zuckerspaltende) Bakterien, z. B. Bifidobacterium, Lactobacillus, Streptokokkus faecalis.
Zu den pathogenen Darmkeimen gehören Salmonellen, Shigellen, Cersinien, Campylobacter.
Die Laktobakterien sind die natürlichen Gegenspieler der Fäulnisbakterien (Kolibakterien) und halten das Darmmilieu im Gleichgewicht. Als ideales Verhältnis der Bakterienstämme zueinander bezeichnet man das Vorhandensein von 15% Fäulnisbakterien und 85% Laktobakterien in der Darmflora. Durch dieses Verhältnis ist der PH-Wert des Dickdarms gut reguliert. Eine ausgeglichene Darmflora produziert Vitamin B12.
Die Zusammensetzung der Darmflora spielt auch bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten eine entscheidende Rolle.
Robert Gray in dem sehr empfehlenswerten Buch " Das Darmheilungsbuch"
Pro-Biotika sind Mikroorganismen, die im Darm, besonders angedockt an der Darmschleimhaut, positiv auf das biologische System wirken. Pro-Biotika hat sich allgemein als Begriff etabliert, wobei der von Prof. Dr. Higa geprägte Begriff ‚EM‘ (Effektive Mikroorganismen) inzwischen ebenfalls weit bekannt ist.
Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz definiert Pro-Biotika als „lebende Mikroorganismen, die in ausreichender Menge in aktiver Form in den Darm gelangen und hierbei positive Wirkungen erzielen.“
Bei Darmsanierungen (Symbioselenkung) während Ernährungsumstellungen werden sie oft eingesetzt um das Wachstum der förderlichen Laktobakterien anzuregen. Der Stamm DDS-1, der u.a das Vitamin B12 produziert wird dabei gerne verwendet, da er von der Magensäure nicht zersetzt wird.
Laktobakterien vermehren sich durch B12, enthalten es als Wachstumsfaktor ( LLd-Faktor) und bilden es selbst sobald Kobalt vorhanden ist. Lactobakterius reuterii ist ein gut erforschtes Darmbakterium als Pro-Biotika.
Santos F. et al, High-Level Folate Production in Fermented Foods by the B12 Producer Lactobacillus reuteri, doi: 10.1128/AEM.02719-07, Appl. Environ. Microbiol., 74(10):3291-4, May 2008
Was bedeutet aktives B12?
Ob Vitamin B12 aktiv (das bessere Wort ist verwertbar) oder als Pseudocobalamin vorliegt, hängt von dem unteren Liganden im Molekül ab und nicht von dem oberen Liganden (Cyano-, Hydroxy-, etc.).
Bei verwertbarem Vitamin B12 ist der untere Ligand das 5,6-Dimethylbenzimidazol (DMB), welcher wichtig für die Bindung an den Intrinsic Factor und damit für die Resorption ist. Pseudocobalamin weist hier einen anderen Liganden auf, z.B. Adenin.
Was sind B12 Analoga?
Ob und welches "Pseudocobalamin" letztendlich doch verwertbar ist, ist noch nicht wirklich geklärt. Die Diskussion darüber auch inwieweit sogenannte "Analoga" bzw Derivate die Aufnahme des "echten B12" verhindern könnten wird kontrovers diskutiert. Auslöser dafür war der durch Flüssigchromatographie getestete hohe Vitamin B12-Gehalt von Spirulina.
Analoga sind per Definition Substanzen, die sich in der Struktur ähneln aber in der Funktion gleich sind.
Die inkompletten Vitamin B 12-Varianten mit teilweise fehlenden Bindungen sind dazu wohl eher in der Lage als diejenigen mit längeren Seitenketten.
Ich habe in einigen der hier genannten Studien nachgelesen und das größte Problem ist, dass selbst Wissenschaftler Begriffe wie bioverfügbar, aktiv, inaktiv, nicht verwertbar, völlig unkontrolliert gebrauchen. Manche bezeichnen schon Cyano -oder Hydroxocobalamin etc als "Analoga" und ausschliesslich die Co-Enzyme als aktiv weil nur sie IN den menschlichen Zellen vorkommen.
Schon allein aus diesem Grund ist bei Angaben in B12-Tabellen immer der gesamte Kontext zu berücksichtigen.
Erwin Welzl "Biochemie der Ernährung"
http://www.analytik.ethz.ch/vorlesungen/biopharm/Trennmethoden/AnalytischeChemie_Skript_3_LC.pdf
Methoden zur Messung von B12-Mengen in Nahrungsmitteln:
Exakte Analyse
einzelner Faktoren, doch sehr aufwendig:
Übliche Testverfahren.
Was kann die Aufnahme von B12 behindern?
Die Liste der Faktoren ist lang und reicht von Zerstörung der Darmflora durch Antibiotika und anderen Arzneimitteln, Schwermetallen und sonstigen Toxinen, Pestizide, künstliche Fructose in Limonaden, weißer Zucker, gentechnisch verändertes Weizengluten, Fleisch und Milchprodukte, bis hin zu Kaffee, Alkohol, Nikotin, Anti-Babypille und anderen künstlichen Hormone.
Nitrosativer Stress, der durch Vergiftungen, radioaktive Strahlungen, Elektrosmog und gepulsten Mikrowellen ausgelöst wird, verbraucht und hemmt die Resorption von Mikronährstoffe im Allgemeinen.
Laut Dr. Vivian V. Vetrano, Doctor of Science in Natural Hygiene, City University of L.A. leben im menschlichen Körper Bakterien, die das sog. Coenzym B12, einer aktiven Form des Vitamin B12, produzieren. Diese Bakterien habe man nicht nur im Darm, sondern auch in der Mundhöhle, der Speiseröhre, den Bronchien und rund um die Mandeln gefunden.
Vitamin-B12-Mangel entstehe daher nicht aufgrund veganer Ernährung, sondern meist als Folgeerscheinung ernsthafter Stoffwechselstörungen oder chronischer Magen-Darm-Erkrankungen z. B. Magenschleimhautentzündung, Morbus Crohn oder Zöliakie, atrophische Gastritis bei denen die Darmflora nachhaltig gestört sei und somit die Vitamin-B12-bildenden Bakterien keine Lebensgrundlage mehr vorfinden, so Dr.Vetrano. Gerade chronisch entzündliche Darmerkrankungen werden besonders von einer Ernährung begünstigt, die reich an tierischen Eiweißen ist.
Ein Mangel an B6 und Folsäure kann die Aufnahme von B12 verzögern.
Hagers Handbuch der pharmazeutischen Medizin.Seite 127
Sind Tiere und Tierprodukte eine verlässliche Quelle für B12?
Neben Pestiziden und die durch Überzüchtung und nicht artgerechter Ernährung entstandenen Entzündungen der Organe sind Antibiotikagaben wohl auch der Grund, dass die B12 Werte in Fleisch stark schwanken.
Deshalb wird das Futter von Schlachttieren und meist auch das der Milchkühe mit B12 und vielen anderen Vitalstoffen angereichert. Die Mastschweine werden oft mit Kobalt gespritzt um den B12-Gehalt aufzustocken.
Mikronährstoffmessverfahren sind generell sehr aufwendig und werden nur selten durchgeführt.
In der deutschen Tierhaltung werden jährlich ca 1450 Tonnen Antibiotika für 800 Millionen Euro umgesetzt (Reinhild Benning, damalige Leiterin Agrarpolitik beim Bund ).
Tests und Tabellen über die Unterschiede von B12-Gehalt im Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren oder deren Produkte habe ich keine gefunden. Es gibt nur einzelne Betriebe die sich diese Mühe machen.
Die Rohmilch des DEMETERHOFs in unserer ehemaligen Nachbarschaft enthielt 1,5µg B12 im Vergleich zu konventioneller pasteurisierter "Frischmilch" von 0,4µg. H-Milch enthält überhaupt keine hitzeempfindlichen Vitamine oder andere Vitalstoffe.
In der von der DGE empfohlenen Nährwertabelle von Prof. Dr. Helmut Heseker und Dipl. oec. troph. Beate Heseker wurden die höchsten gemessenen Nährwertangaben von konventionellen Produkten verwendet: (Angaben in µg pro 100g)
Vollmilch 0,6; Quark 0,9; Gouda und Parmesan 2,0; Camembert 3,1; Schafskäse 0,4; Hühnerei 1,8; Schweinschnitzel 2,0; Geflügel 3,0; Rindersteak 5,0; Wildschwein 5,0; Lachs 3.5; Rotbarsch 5,7; Hering 8,5; Kaviar und Austern 15,0; Rinderniere 33,5; Rinderleber 65,0
Vitamin B12 in Pflanzen
Der Vitamin B12
Gehalt in den Pflanzen wird angeblich wegen zu geringer Menge nicht als verlässliche Quelle angegeben. Laut verschiedenen Messverfahren beträgt der Gehalt in konventionell angebauten Pflanzen
0,01 - höchstens 0,3µg und wird als nicht nennenswert vernachlässigt.
Werte von Bioanbau oder Wildwuchs gibt es nicht. Wenn ich davon ausgehe dass 1µg oder wie oben angeführt sogar 0,1µg pro Tag für unseren Stoffwechsel ausreichen, dürfte dies zumindest nicht unterschlagen werden.
Schon der Arzt Max Bircher-Benner hat in seinem „Geheimarchiv der Ernährungslehre“ wissenschaftliche Studien aus den Dreißigerjahren zitiert, in denen nachgewiesen wurde, dass Vitamin B12 ausschließlich von Mikroorganismen gebildet und bei intakten Bodenverhältnissen auch von den Pflanzen aufgenommen wird. Er ging auch ganz selbstverständlich davon aus, dass Veganer durch ihre meist gesündere Lebensweise vielfach weniger Vitamin B12 benötigen als Fleischesser.
Die Firma Pandalis bestätigt, dass wilde Sanddornfrüchte, die nachweislich eine Symbiose mit Frankia-Bakterien (Die Gattung Frankia gehört zu der Ordnung der Actinomycetales, innerhalb der Klasse der Actinobacteria), eine hohe Konzentration von B12 enthalten (ca 60 µg pro 100g, soviel wie Rinderleber). Der Rückgang des B12 im Sanddorn lag nach deren Einschätzung vorwiegend an der nachlassenden Bodenqualität und nicht an festgestellten "B12 Analoga"
Zur Zeit bietet Pandalis mit der einheimischen Quecke ein neues B12 Präparat an.
Der Agrarwissenschaftler Ahmad Mozafar vom ETH Zürich beschäftigte sich 20 Jahre lang mit den Fragen der Vitamin-B12-Versorgung.
Er konnte nachweisen, dass Pflanzen das von Mikroorganismen im Boden produzierte B12 aufnehmen. Durch Kunstdünger und insbesondere durch den Einsatz von Herbiziden, Pestiziden und Fungiziden, das heißt durch die heute allgemein übliche Agrarwirtschaft, die Böden an Mikroorganismen verarmen und in der Folge davon sowohl die Pflanzen als auch die Tiere zunehmend an einem Vitamin-B12-Mangel leiden.
Ferner konnte Mozafar feststellen, dass insbesondere das Vitamin B12 erst kurz vor der Reifung der verschiedenen Früchte und Gemüse von der Pflanze eingelagert wird. Das heute allgemein übliche Ernten vor der Reife und das Nachreifen unter künstlichen Bedingungen erscheint auch unter diesem Blickwinkel für eine gesunde Ernährung absolut kontraproduktiv.
Mozafar A.,Enrichment of some B-vitamins in plants with application of organic fertilizers, Plant and Soil, 167:305-11,
1994
Bei ähnlichen Untersuchungen fand Mozafar heraus, dass die Sojabohne und andere Leguminosen umso mehr Vitamin B12 anreichern, je höher die B12-Konzentration in der Nährlösung war. Das heißt Pflanzen speichern definitiv B12!
Eine Übersicht mit dem Gehalt an Vitamin B12 bei verschiedenen Pflanzen zeigte, dass eine Naturdüngung den Gehalt an Vitamin B12 in den verschiedenen Pflanzen. verdoppeln und verdreifachen kann.
So genügen beispielsweise bereits 240 g naturgedüngter Gerste, um die empfohlene tägliche Menge von 2 µg Vitamin B12 zu sich zu nehmen, im Vergleich zu 850 g Gerste auf konventionell gedüngtem Boden.
Naturgedüngter Boden bedeutet entweder ein brachliegendes sich erholendes Feld der 3 Felder-Landwirtschaft mit Gründüngung wie im veganen Landbau angewendet oder ein mit Kuh- oder Pferdemist gedüngter Acker.
Weitere Hinweise darauf, dass Pflanzen das im Boden vorhandene B12 aufnehmen, fanden japanische Forscher. Sie zogen Rettich (Raphanus sativus L.) auf einer mit B12 angereicherten Nährlösung und fanden in 100g Rettichsprossen bis zu 150µg. Auch der schlichte Kopfsalat reicherte B12 an. Im Labor enthielten bereits drei Blätter Kopfsalat ausreichend Vitamin B12 zur Deckung des Tagesbedarfs.
Bito T. et al., Production and characterization of cyanocobalamin-enriched lettuce (Lactuca sativa L.) grown using hydroponics, J. Agric. Food Chem., 61:3852-8, 2013
Sato K.et al., Incorporation of a high level of vitamin B 12 into a vegetable, kaiware daikon (Japanese radish sprout), by the absorption from its seeds, Biochim. Biophys. Acta, 1672(3):135−7, 2004
"Bakterielle Verunreinigung" in Fermentiertem und Milchsauervergorenem
Bakterien, z.B auch einige der B12 bildenden Laktobakterien, befinden sich wie oben geschildert überall, auch auf gereinigtem Obst und Gemüse. Man müsste wirklich schon die Schalen abschrubben und mit Desinfektionslösung besprühen um sie völlig zu vernichten. Hygiene ist absolut wichtig wenn sie nicht zwanghaft in einen Kampf gegen Natürlichkeit ausartet.
Die Laktobakterienanzahl und das B12 in frisch Fermentiertem oder Milchsauervergorenem ist deutlich höher, da der Milchsäuregehalt noch niedrig ist sagt Robert Gray im "Darmheilungsbuch".
In Rejuvelac (Brottrunk) wurden Werte getestet von 3.5µg auf 100 ml.
Watanabe et al. zählen folgende Nahrungsmittel auf, die B12 enthalten: fermentierte Sojaprodukte wie Tempeh, Miso und fermentierte Teeblätter.
Auch bei wildwachsenden Pilzen ist der Gehalt deutlich messbar. Dabei enthalten die Totentrompete (Craterellus cornucopioides) und der Echte Pfifferling (Cantharellus cibarius) besonders hohe Werte an B12 von 1 bis
2,5µg/100g Trockengewicht.
Auch der kultivierte Shiitake (Lentinula edodes ) enthält im Mittel mehr als 2,5µg /100g Trockengewicht B 12.
In Buchweizenkeimen fand man 3-5µg verwertbares B12 pro 100 g.
Watanabe F. et al., Vitamin B 12 -Containing Plant Food Sources for Vegetarians, Nutrients. Watanabe F. et al., Vitamin B 12 -Containing Plant Food Sources for Vegetarians, Nutrients 2014, 6, 1861-73; Volltext: http://www.mdpi.com/2072-6643/6/5/1861
Je nach Herstellung enthalten auch die Hefen sehr viel B12: Bierhefe wird auch nach neuesten Untersuchungen mit 20µg pro 100 g angegeben.
Algen
Hier werden die
Aussagen sehr widersprüchlich, denn es gibt wissenschaftliche Untersuchungen in denen postuliert wird, dass Algen keine Coenzyme Methylcobalamin und Adenosincobalamin bilden und deshalb wertlose
Analoga enthalten. Tatsächlich bilden Algen vornehmlich das stabilere aber auch aktive und verwertbare B12 des Cyano -und Aquocobalamin und in unterschiedlichen Mengen auch "Pseudovitamine" von
B12.
Solange der B12-Gehalt in Pflanzen und auch in Algen so kontrovers diskutiert wird gelten sie offiziell als nicht verlässliche Quelle und werden in den Tabellen mit 0µg angegeben.
Das wirkt alles schon sehr seltsam, schließlich ist der Gehalt von B12 in Fleisch auch qualitätsabhängig und wird dazu noch zu 80% beim Erhitzen zerstört.
Algen leben ebenso in Symbiose mit B12 bildenden Bakterien aus dem Meer oder können es direkt aus dem Meer aufnehmen.
Spirulina und Afa (Aphanizomenon flos-aquae) sind beide Cyanobakterien und produzieren B12 in hohen Mengen.
Kumudha et al. (2010/2013) konnten biologisch aktives Methylcobalamin in Spirulina in einer Größenordnung von um die 35 µg/100g nachweisen.
Das Vorhandensein des Coenzyms würde bedeuten, dass Spirulina B12 sogar selbst für ihr Wachstum benötigt. In den meisten Tests wurde bei Spirulina ca 40 % bioaktives B12 und 60 % Analoga gefunden und ich konnte nicht erkennen ob die Wissenschaftler nun Cyanocobalamin als Analoga definierten oder in der Tat Corrinoide fanden, die kein "echtes B12" und vermutlich nicht verwertbar sind.
Bis Cyanocobalamin oder Aquocobalamin umgewandelt werden dauert es 1- 2 Monate bis ausreichend Coenzyme vorhanden sind um eine deutliche Verbesserung bei einem schweren B12 Mangel einzuleiten. Es kommt zu einer anfänglichen Verzögerung aber nicht zu einer Verhinderung.
Sehr unterschiedliche Messwerte ergaben sich auch je nachdem ob es sich um wilde Spirulina und Afa oder Zuchtformen handelte und der Art der Herstellung z.B das Trocknungsverfahren.
Die Chlorella-Alge, die steril kultiviert wird, enthält kein/kaum B12 da die Begleitbakterien während der Kultivierung fehlen. Andere Chlorella-Produkte enthalten große Mengen an verwertbarem B12. Damit kann Chlorella eine herausragende pflanzliche Quelle als Nahrungsergänzungsmittel für dieses Vitamin sein.
Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 100µg/100g decken schon 3 g Chlorella 120% der empfohlenen Tagesdosis.
Chen&Jiang nutzten eine neue Form der Kapillarelektrophorese, um die Cobalamine in Chlorella-Proben zu bestimmen und fanden ebenso fast ausschließlich die verwertbare Form von B12.
Meersalat (Enteromorpha spec.) und Purpurtang (Porphyra spec.), auch bekannt als Nori-Alge enthalten mit rund 64µg bzw. 32µg/100g Trockengewicht beachtliche Mengen an verwertbarem B12. Allerdings enthält die Nori-Alge ebenfalls große Mengen an Jod, was den völlig unbedenklichen Verzehr von der Nori-Alge einschränkt.
J. H. Chen, S. J. Jiang: Determination of cobalamin in nutritive supplements and Chlorella foods by capillary electrophoresis-inductively coupled plasma mass spectrometry. J
Agric Food Chem, 2008, 56(4), 1210-5
F. Watanabe: Vitamin B12 from edible algaefrom food science to molecular biology. Vitamins (Japanese), 2007, 81, 49-55
J. Ullmann: Mikroalgen im Porträt. Paracelsus Magazin, 2013, 5
Watanabe F. et al., Dried green and purple lavers (nori) contain substantial amounts of biologically active vitamin B12 but less of dietary iodine relative to other edible seaweeds, J. Agric. Food Chem, 47:2341-3 (1999)
Dieser Artikel wurde von mir im Jahr 2015 verfasst, als mich das B12 Thema brennend interessierte. Die Angaben und Werte sind soweit ich es geprüft habe noch stimmig. Ich wollte Bio-Chemie studieren und habe es zum Glück nicht getan. Ich glaube ich hatte es schon damals...... mit...... Alchemie verwechselt. Mein Basiswissen ist natürlich nützlich.
Wer B12 substituieren möchte lässt sich am besten von einem Naturheilkundigen vorab testen und beraten.
Februar 2023